Eine wilde Jagd mit Pferd und Wagen- „Nur eine Staubwolke …“
So lautete die Überschrift eines Artikels in einer Tageszeitung im Jahr 1952.
Kraftfahrer, die im Rausch die Straßen unsicher machen, sind vor Polizei und Gericht leider schon eine bekannte Erscheinung; die „Verkehrsgefährdung“ mit dem Pferdegespann durch einen „glücklichen Opa“ aus Wiedelah besaß dagegen noch Originalität.Freilich hätte es für den Angeklagten besser ausgesehen, wenn der Staatsanwalt nicht von Tierquälerei hätte zu sprechen brauchen.
Es hatte damit begonnen, daß ein Wiedelaher Kutscher sich aufs Motorrad setzte und zu einer Baubude fuhr, um dort mit seinem Schwiegersohn auf die Ankunft eines Enkels zu trinken.
Natürlich stießen auch die Arbeitskameraden auf das glückliche Ereignis an, und so wurden mehr Flaschen an den Hals genommen, als Vater und Großvater vertragen konnten.
So viel Verstand hatten die anderen noch, daß sie die Bierleiche nicht mit dem Krad nach Hause fahren ließen. So luden sie den schwankenden Großvater auf den Kutschbock, den seiner Beine nicht mehr mächtigen Vater des jungen Erdenbürgers luden sie auf die Ladefläche, die anderen kletterten hinten auf, und heißa, ging die Fahrt in Richtung Lengde.
Opa fühlte sich mächtig jung und ließ die Peitsche knallen, so daß das Pferd im gestreckten Galopp davonraste und mit dem schleudernden Wagen mal rechts und mal links gerade noch knapp an den Bäumen vorbeipreschte. Ein Straßenwächter berichtete dem Gericht, wie ihm eben noch ein Sprung in den Graben rettete, un Männer, die in der Allee kirschen pflückten, schilderten anschaulich, wie sie sich in den Ästen festhielten,weil sie glaubten, das sausende Gefährt würde beim nächsten Anprall einen Baum umbrechen. Ein Rentner, der von einem Feldweg zur Straße kam, erzählte: „Ich sah nur eine Staubwolke vorüberfliegen, und aus der Staubwolke drang unheimliches Gegröhle, und ehe man richtig hinsehen konnte, war der wilde Spuk vorbei.“
Vor einer Lengder Gastwirtschaft schrien die vier nach Bier, aber als ein Polizist herankam, ließ Opa wieder die Peitsche niedersausen, und weiter ging die wilde Fahrt nach Beuchte. Ein Zeuge schilderte den Anblick: „Der Wagen kam in der Kurve nur auf zwei Rädern herum, die Beine des daraufliegenden Mannes baumelten herunter, und die beiden anderen, die oben standen, bewegten sich auf dem schwankenden Gefährt wie zwei Ringkämpfer, …“ In Beuchte fanden sich endlich Männer, die den fliegenden Holländer festhielten. Das Pferd war völlig abgetrieben und schweißtriefend.
Der wilde Kutscher zahlt nun nachträglich 100 DM „Fahrgeld“ …
Diese Geschichte spielte sich am 29.06.1952 mit dem jungen Vater Wilhelm (Willi) Redemann und dem Großvater Ignatz Olejniczak wegen der Ankunft des neuen Erdenbürgers Hartmut Redemann ab.