Die Spinnmamsell von Wiedelah
In alter Zeit, als Eisenbahn und Kalischächte noch nicht waren und uns Zuzug und Verdienstmöglichkeiten brachten, war Wiedelah ein gar kleines und armes Dörflein. Wenn die Dämmerung ihren Schleier über die müde Erde breitete, das Tagewerk draußen getan war, kamen die Frauen und erwachsenen Mädchen in einer vorher verabredeten Wohnung zusammen, um beim Schnurren der Spindel die letzten Stunden des Tages in fleißiger Arbeit zu verbringen. Fröhliches Geplauder und heiterer Gesang verkürzten die Zeit. Und wenn draußen “Aukerhund” und “Klapperkalf” ihr Unwesen trieben und den verspäteten Wanderer ängsteten, dann lauschte man gern den Erzählungen der Großmutter, die ja so viele Geschichten aus alter Zeit wußte, von Hexen und Nixen, von Waldgeistern, von Holden und Unholden, Geschichten, die heute zum größten Teil vergessen sind.
Das Garn das die Frauen gesponnen hatten, webten die Männer auf ihren Webstühlen, von denen es in Wiedelah auch einige gegeben hat, zu Leinen, das an den Ufern der Oker und Ecker gebleicht wurde, ehe es zu Tisch- Bett- und Leibwäsche von der der fleißigen Hausfrau verarbeitet wurde. Damals galt es noch als höchste Ehre, daß jedes Mädchen sich selbst das Garn zu Leinen spann, das sie zur Aussteuer mitbekam.
Eine arme Witwe in Wiedelah ließ es sich den Tag über recht sauer werden, um den Unterhalt für sich und ihre einzige Tochter zu erwerben.
Abends saß sie noch recht lange beim trüben Schein ihres Öllämpchen und spann den Flachs, um ihrer Tochter einst möglichst viel Leinen zur Aussteuer mitgeben zu können. Die Tochter jedoch war faul. Wenn ihre Altersgenossinnen fröhlich und fleißig zusammensaßen und spannen, ging sie mit den jungen Burschen hinaus in den Harly und vergnügte sich auf ihre Weise. Dadurch kam sie bald in einen schlechten Ruf.
Wenn die Mutter sie zur Arbeit mahnte, dann lachte die Tochter sie aus. Sie wollte ihre Jugend genießen, war ihre ständige Antwort.
Als sie es gar zu bunt trieb, rief die Mutter ihr einmal in ihrem großen Ärger zu: “Ich wollte, du bliebest ganz im Harly und kämest nicht wieder!”
Wie erschrak aber die alte Frau, als die Tochter zur Nacht auch wirklich nicht heimkehrte. Kein Auge schloß sie. Manch heißes Gebet um Wiederkehr der Tochter schickte sie zum Himmel empor. Alles war umsonst, umsonst auch das Suchen der Dorfbewohner in allen Schluchten und Tälern des Harlys.
Verspätete Wanderer, die zur Mitternachtsstunde in stiller Vollmondnacht am weißen Berge vorbeikommen, hören noch heute ein eigentümliches Klopfen im Innern des Berges. Es soll die faule Spinnmamsell sein, die zur Strafe für ihre Faulheit darin verzaubert ist und gern wieder heraus möchte. Keiner hat jedoch bisher den Eingang zum Berge finden können, um die Spinnmamsell von ihrem Zauber zu erlösen.
Das Garn das die Frauen gesponnen hatten, webten die Männer auf ihren Webstühlen, von denen es in Wiedelah auch einige gegeben hat, zu Leinen, das an den Ufern der Oker und Ecker gebleicht wurde, ehe es zu Tisch- Bett- und Leibwäsche von der der fleißigen Hausfrau verarbeitet wurde. Damals galt es noch als höchste Ehre, daß jedes Mädchen sich selbst das Garn zu Leinen spann, das sie zur Aussteuer mitbekam.
Eine arme Witwe in Wiedelah ließ es sich den Tag über recht sauer werden, um den Unterhalt für sich und ihre einzige Tochter zu erwerben.
Abends saß sie noch recht lange beim trüben Schein ihres Öllämpchen und spann den Flachs, um ihrer Tochter einst möglichst viel Leinen zur Aussteuer mitgeben zu können. Die Tochter jedoch war faul. Wenn ihre Altersgenossinnen fröhlich und fleißig zusammensaßen und spannen, ging sie mit den jungen Burschen hinaus in den Harly und vergnügte sich auf ihre Weise. Dadurch kam sie bald in einen schlechten Ruf.
Wenn die Mutter sie zur Arbeit mahnte, dann lachte die Tochter sie aus. Sie wollte ihre Jugend genießen, war ihre ständige Antwort.
Als sie es gar zu bunt trieb, rief die Mutter ihr einmal in ihrem großen Ärger zu: “Ich wollte, du bliebest ganz im Harly und kämest nicht wieder!”
Wie erschrak aber die alte Frau, als die Tochter zur Nacht auch wirklich nicht heimkehrte. Kein Auge schloß sie. Manch heißes Gebet um Wiederkehr der Tochter schickte sie zum Himmel empor. Alles war umsonst, umsonst auch das Suchen der Dorfbewohner in allen Schluchten und Tälern des Harlys.
Verspätete Wanderer, die zur Mitternachtsstunde in stiller Vollmondnacht am weißen Berge vorbeikommen, hören noch heute ein eigentümliches Klopfen im Innern des Berges. Es soll die faule Spinnmamsell sein, die zur Strafe für ihre Faulheit darin verzaubert ist und gern wieder heraus möchte. Keiner hat jedoch bisher den Eingang zum Berge finden können, um die Spinnmamsell von ihrem Zauber zu erlösen.
Mudder Bokken
Auf Bocks Hof, der in Wiedelah unmittelbar vor der Wasserburg liegt, haben seit jeher Gespenster ihr Unwesen getrieben. Einmal brach eine schwere Zeit über diesen Hof herein, als ein Stück Vieh nach dem anderen einging und weder Doktor noch Schäfer noch Haarausraufen helfen wollten. Da hat der Bauer Bock schier alles Lust am Leben verloren und gemeint, noch einmal mit dem Bettelstab vom Hofe zu müssen und sein Heil in der Fremde zu suchen. Doch eines Nachts klopft es am Fenster und eine unheimliche Stimme ruft:” Mudder Bocken, Mudder Bocken, moke sie mal up dat Fenster!” Mudder Bocken läßt sich nicht zweimal bitten und fragt in die Dunkelheit:” Na, wat is denn mal los?” -Sie hätte aber das Fenster zulassen sollen, denn durch das offene Fenster hext nun das alte Weib, das sich vorsichtig im dunkeln hält, der armen Mudder Bocken einen Lumpen ins Knie! Von dieser Stunde an ist ihr das gehen recht sauer gefallen. Eines Nachts klopft es zum anderen Male an das Fenster und die selbe Stimme ruft:” Mudder Bocken, unner jauen Steintritt sitt en Deier! Wenn jei dat Deier da unner wech nimmt, denn geiht jaue Veih nich mehr kaputt!” Der Bauer Bock, der das nun mit angehört hat, wusste nun, was die Stunde geschlagen hat. Des morgens richtet er den Stein hoch, guckt darunter, und findet … nichts! Das war nun ein schöner Ärger! Als er jedoch am nächsten Morgen vor die Tür tritt, sitzt auf dem Mist ein Tier, wie man es bis dahin in Wiedelah noch nicht gesehen hat. Das schreit mit menschlicher Stimme in einem fort:” Mudder Bocken, Mudder Bocken!”, das es jedem, der es hört, durchs herz schneidet. Als es nicht mehr auszuhalten ist, macht ein Knecht dem Spektakel ein Ende und ersticht das Untier mit der Mistgrepe. Doch im selben Augenblick ist es verschwunden und das war schade, denn manch Wiedelaher hätte es sich gerne noch einmal angesehen. Seit diesem Tage aber war das Viehsterben auf dem Hofe wie weggeblasen. Nur Mudder Bocken habe ihr Leiden behalten.
Die Schmuggler vom Wolterberge
Die Schmuggler vom Wolterberge. Östlich von Wiedelah zieht sich nordwärts ein Höhenzug hin, dessen Erhebung verschiedene Namen hat. Ganz im Süden liegt der Finkenherd, der seinen Namen von der gleichnamigen ehemaligen Fluchtburg hat, die beim Eisenbahndurchstich nach dem Ersten Weltkrieg zerstört wurde. Nach Norden, der Wiedelahrer Wasserburg gegenüber, liegt der Zollberg. Durch ihn führt der Weg zum “Weißen Ross”, einem Gasthaus an der Landstraße Vienenburg-Osterwieck. Der Weg, der von Wiedelah nach Suderode führt, heißt der “Wolterberg”. Oben auf dem Wolterberg, rechts vom Wege, stand in frühen Zeiten eine Gastwirtschaft, nach Ihrem Besitzer namens Wolter der “Wolterkrug” genannt. Dicht daneben lag der Woltergarten. In ihm befand sich sogar eine kleine Quelle. Nicht weit vom Wolterberg entfernt zog sich die Grenze zwischen Hannover und Preußen entlang. Zollschranken hemmten den freien Güterverkehr innerhalb des Deutschen Reiches und verteuerten so die einzelnen Waren. Im Wolterkruge kamen des Nachts die Schmuggler zusammen, um die billigen Waren aus dem Hannoverschen auf bekannten Schleichwegen ins Preußische zu bringen. Der Wirt war mit den Schmugglern im Bunde, hat wohl auch selbst an manchen Schmugglergang teilgenommen und sein gutes Geschäft dabei gemacht. Als das Schmugglerwesen gar zu bunt wurde, schickte die Regierung aus Hannover zwei Grenzjäger, die im Wolterkruge wohnten und auf den Schmuggel aufpassen sollten. Doch wie sehr sie auch achtgaben, Wolter wusste sie zu hintergehen. Wolter hatte auch eine kleine Landwirtschaft, gerade groß genug, um seine einzige Kuh zu ernähren. Die Grenzjäger wunderten sich zwar, dass er des Nachts mit seiner Kuh unterwegs war, aber Durchsuchungen blieben ohne Erfolg. Was die Grenzjäger jedoch nicht wussten: Wolter schmuggelte Schmuck und andere Waren in der Kuh nach Preußen herüber. Den Wiedelahern war dies bekannt. Eines Nachts hängten sie an die Tür des Wolterkruges ein Schild, auf dem zu lesen war: Nachts fährt der Wolter in die Kuh hinein, im “”Weißen Ross” tut dies ein Eselein. Die Grenzjäger, die das Schild gelesen hatten, passten gut auf und der Krugwirt wurde erwischt und bestraft. Nach seinem Tod ging der Besitz zu einem Anderen über. Da der Wolterberg aber auch weiterhin ein Schlupfwinkel für Schmuggler und Ganoven blieb, erwarb die Hannoversche Regierung denselben und verkaufte ihn auf Abbruch. In Wülperode ist er dann aber wieder errichtet worden und soll dort noch als Wohnhaus stehen.
Das Klapperkalf
Im Okerturm zwischen Wiedelah und Vienenburg verbirgt sich das Klapperkalf. Wie es dort hingelangt ist, weiß niemand zu sagen. Es hat ein goldenes Fell und ist sehr gefährlich. Selbst der Okerhund geht ihm aus dem Wege, auch er fürchtet das unheimliche und wilde Geklapper. Tagsüber schläft es, aber wenn die Nachtnebel einfallen ist es mit seinem Geklapper hinter den Menschen her. So viele Leute aus Wiedelah den Spuk auch schon gehört haben, gesehen hat das Klapperkalf noch keiner. Es geht besonders oft im Herbst und Winter um, da mag sich jedermann vor ihm hüten.
Die Hexen vom Harly
Sie hatten getanzt und gezecht und gelacht, Walpurgis gefeiert in lustiger Nacht. Vom Brocken klang weithin der Hexen Geschrei: der Teufel mit Beelzebub, sie waren dabei. Schon graute im Osten der kommende Tag, in des Teufels Arm tanzend die Hexe noch lag. Da trennte sie endlich des Herrschers Gebot, der Morgen zog über die Höhen so rot. Fort ritten die Hexen, ob jung oder alt, dahin über Berge und Täler und Wald. Als über dem Harly sie Ritten gar schnell, tönte aus Wiedelah Hundegebell. Der Hahnenschrei klang ihnen mahnend ins Ohr, da brach schon im Osten die Sonne hervor. Nun konnten sie nicht mehr weiter reiten und flüchteten in den Harly beizeiten. Dort hauste gar lange und hauste gar sehr der hässlichen Hexen gespenstischen Heer. Wenn Sturmwind die Buchen des Harlys zerzaust, dann hat es die Wanderer gebangt und gegraust. Und trafen die Hexen im Wald ihn allein, so fand man am Morgen nur noch sein Gebein. Die Königin, hässlich wie finstere Nacht, beherrschte die Hexlein mit teuflischer Macht. Im Wagen mit Rädern wohl hundert und mehr sie thronte und fuhr so im Harly umher. Das hörte ein Riese gar mächtig und gross, zu fangen die Königin gleich er beschloss. So zog er sein Schwert, das lechzte nach Blut, die Hexen sie Schützten die Königin gut. Sie zogen den Wagen mit eigener Hand, so sausten und brausten sie fliehend durchs Land. An Wiedelahs Berge, der Weiße genannt, der Hexen flucht plötzlich ein Ende fand. Hier gähnte ein Abgrund gar schaurig und tief und hinter den Hexen der Riese schon rief: “Ergib dich, o Königin, meiner Gewalt!” Darauf schaurig der Hexen Gekreische erschallt. Sie stoben wild fluchend und eilig davon, die Königin saß ganz allein auf dem Thron. Ein Hexlein blieb nur von vielen zurück, getreu ihrer Königin im Unglück und Glück. Sie sah vor sich gähnend das felsige Grab und stieß schnell den Wagen den Abgrund hinab. Zerschmettert der Wagen, die Königin tot, so flohen die Hexen in grässlicher Not. Der Riese zog heimwärts, im Herzen den Gram, dass lebend er nicht die Königin bekam. Dann rauschten im Harly die Bäume bei Nacht, es haben die Hexen ein Feuer entfacht. Darin brennt ihrer Königin totes Gebein, die Hexen tanzen beim flackernden Schein. Zum Brocken sie ritten wohl alle hinan, nie wieder zum Harly sie kehrten dann. Am Berge, dem Weißen, auf Wiedelahs Flur, noch heutigen Tages zeigt sich ihre Spur, wo Wagen und Königin stürzten hinab, bei Wiedelah fanden ihr schauriges Grab.
Der Galgenberg
Wo die Landstraße von Wiedelah nach Lengde die Okerberge ersteigt, liegt rechte Hand der Galgenberg. Auf ihm stand vor langer Zeit eine Kapelle, in deren Turm das “Armensünderglöcklein” hing. Wenn sein scharfer Ton über Wiedelahs Felder ging, beteten vor dem Altar der Kapelle fromme Mönche für das Seelenheil des armen Sünders. Einmal ist hier ein Unschuldiger trotz Bitten und Flehen zum Tode verurteilt und gehenkt wurden. Nach der Beichte trank er den Johanniswein und sprach:” So leb denn wohl, du schöne Welt. Wenn ich denn sterben muss, so möge Gott mir gnädig sein!” Dann ließ er sich aufhängen. Während das Armensünderglöcklein wimmerte und die Mönche beteten, öffnete sich der Berg mit gewaltigem Tosen und verschlang die Kapelle und alles, was darinnen war. Diese sollte nicht mehr auf einem Platz stehen, auf dem man einen Unschuldigen in Gottes Namen zu Tode gebracht hatte. Kein Stein und kein Mauerwerk verrät heute ihren Ort. Baum- und strauchlos liegt der Galgenberg nun vor Wiedelah und muss so liegen bleiben bis in alle Ewigkeit. Wer jedoch mutig ist und um die Mitternachtsstunde furchtlos sein Ohr an den Berg legt un dabei bis 99 Zählt, hört heute noch in der Tiefe den hellen Klang des Glöckleins und den dumpfen Bittgesang der Mönche
Köning Heinrich und der Finkenherd
Als Heinrich der I. der Deutschen erster König, nur erst ein Herzog von Sachsen war, wohnte er schon die meiste Zeit auf der Burg Werla an der Oker bei Schladen. Wenn er sich von seinen Kriegszügen erholen wollte, so fand er kein schöneres und stilleres Plätzchen als den Finkenherd bei Wiedelah. Hier saß er vor seiner Jagdhütte und beobachtete die muntere Vogelwelt. Die schönste Melodie war für Ihn das Finkenschlagen. Auch stellte er den Vögeln nach und man sagt, es habe keinen Geschickteren gegeben. Hier bei Wiedelah soll es auch gewesen sein, wo die Gesandten zu ihm kamen, die ihm die Krone des deutschen Reiches anboten. König Heinrich war ein mächtiger und gerechter Herrscher. Unter ihm wurden die schrecklichen Reitheere der Ungarn vertrieben und er ließ Schutzburgen erbauen, die sein Volk vor Feinden bewahrten. Er gründete unter anderem Goslar und Quedlingburg. In Quedlingburg starb er und wurde dort begraben. Sein Geist aber soll noch immer in Wiedelahs Finkenherd weilen und dort den Vögeln lauschen.
Der Aukertewe
An der Oker treibt sich ein grässliches Untier herum, der Aukertewe. Es ist ein grosser Hund, so gross wie ein halbjähriges Kalb, mit einem schwarzen Zottigen Pelz, seine Augen sind feurig und sprühen Funken. Um seinen Hals rasselt eine abgerissene rostige Kette. Er lässt sich nur bei Dunkelheit sehen und springt allen, die in seine Nähe kommen, auf den Rücken. Am meisten ist er hinter Frauen und Kindern her. Einem Müller aus Schladen ist er auf den Rücken gesprungen, bis dieser tot zusammenbrach. Wer jedoch auf einem Wagen oder auf einem Gaul sitzt, der ist vor ihm sicher. Bei Wiedelah ist der Okerhund oftmals im Ufergestrüpp der Oker und der Ecker gesehen worden. manchmal ist er jauelend und jaffend durch Wiedelah gerannt und in Richtung Beuchte verschwunden. In Immenrode haben ihn die Leute in der Wedde gesehen, in Gielde ist ihm der alte Sonnemann sogar in der Warne begegnet, obwohl es hellerlichter Tag war und einer Frau aus Vienenburg hat mit dem Aukertewen folgendes erlebt: Sie, die sich immer mit ihrem Mann zankte, kam einmal spät abends aus Lochtum zurück, wo sie bei einem Schlachtfest geholfen hatte. Plötzlich springt ihr genau da, wo früher Klein-Lochtum gelegen hat, etwas lebendiges auf den Rücken. Sie will schreien, aber die Kehle ist wie zugeschnürt. Sie will es abschütteln, aber das geht nicht – statt dessen fühlt sie nun den heissen Atem eines Tieres in ihrem Nacken. Sie fängt an zu laufen und schleppt die schwere Last auf Vienenburg zu. Endlich ist sie an der Ecke wo es nach Harzburg geht, und sie kann im Mondlicht schon die Kirche sehen, da springt der Aukertewe ab und gibt ihr noch einen solchen Schubs, das sie der Länge nach in den Teich fliegt. Sie kommt zwar wieder ans Ufer, aber von dem kalten Bade nach dem hitzigen Lauf hat sie solch eine Halsentzündung bekommen, dass sie wochenlang nicht sprechen konnte. Aber der Mann war gar nicht böse darüber, dass er von dem Schelten einmal Ruhe hatte und wenn seine Frau später einmal Krach machen wollte, dann erinnerte er sie nur an den Okerhund – dann war sie still.
Der Hakelmann
In Wiedelahs Teichen sitzt ein grässlicher und finstere Geselle, der Hakelmann. Er ist gar hässlich, so das er sich nur des Nachts aus seinem nassen Element wagt, um in einen anderen Teich zu schleichen. Deswegen hat ihn auch noch kein Wiedelaher zu Gesicht bekommen. De Hakelmann ist böse und schlecht und hakelt am liebsten nach Kindern, die sich in seinen Teich wagen. Manche alten Leute behaupten, er habe eine lange Hakelstange. Andere wiederum sagen, er hakele nur mit seinen langen Armen nach den Beinen der Opfer. Er ist am Körper über und über mit ALgen und Pflanzen bedeckt und hockt auf dem Grund des Wassers. Deshalb kann man ihn auch nicht sehen. Früher hakelte er besonders oft im Kohlteich, im Haferteich und im Pastorenteich. Heute mag er wohl im Amtsteiche sitzen. Wen er erwischt hat, der wird in die Tiefe gezogen und muss jämmerlich ertrinken. Bei der Schneeschmelze und bei Hochwasser sitzt er sogar in der Eckar und im Mühlbach.
Der Linsenkamp
Auf dem Wege von Wiedelah nach Lengde liegt unterhalb des Harlys ein Feld, welches man den “Linsenkamp” nennt. Wie das Feld zu diesem merkwürdigen Namen gekommen ist, davon berichtet diese Sage. Einst, vor sehr langer Zeit, hütete hier ein junger Schweinehirt von der Wiedelaher Wasserburg seine Schweine, denn dieses Feld hatte immer das saftigste Futter und die Tiere wühlten friedlich vor sich hin und der fette Leiteber grunzte heimlich vor Vergnügen. Aber etwas war ganz und gar nicht geheuer: Jeden Mittag, Schlag 12 Uhr verschwand der Eber wie von Geisterhand und erst eine Stunde später trottete er wieder heran, legte sich ans Futter und mochte nicht mehr fressen. Der Schweinehirt getraute sich nicht, seinem Herren etwas davon zu erzählen, dass er meinte, er würde ihm nicht glauben. Statt dessen nahm er sich vor, dem rätselhaften Geschehen auf die Spur zu kommen. Als es Mittag schlägt, geht er in den nahegelegenen Harly, um den Eber zu suchen. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen und was er sah, ließ ihn den Atem stocken. Vor der Harlyburg saß eine schöne Prinzessin, die den Eber aus einer großen silbernen Schale mit Linsen fütterte und er darf fressen, so viel er will. Seit diesen Tagen sprach der Schweinehirt nur noch davon, dass er die Schweine auf den “Linsenkamp” treiben wollte und seitdem heißt dieses Feld bei Wiedelah so.